Mindestens ein Mal am Tag passiert es bei meinen Streifzügen durch das Internet: Irgendein Coach guckt offensiv in die Kamera und beginnt seine oder ihre Rede mit Worten wie „Willst auch du“, „hast auch du“, „fühlst auch du“ oder einer ähnlich gelagerten suggestiven Anrede. Und jedes Mal denke ich, dieser Mensch soll mir gefälligst vom Acker gehen mit was auch immer er in meinem Leben oder an mir optimieren möchte. Die sozialen Medien sind inzwischen ein Ort, an dem mir permanent gesagt wird, was in meinem Leben nicht optimal läuft. Meine Güte, wie unglaublich unperfekt bin ich doch!

Der neueste Asterix-Band mit dem Titel „Die weiße Iris“ (aus persönlichen Gründen finde ich den Titel natürlich besonders gut 😊) greift genau diesen Optimierungs- und think-positive-Wahn auf und behandelt eine Vielzahl weiterer aktueller Themen. Die deutsche Bahn und ihre Unwägbarkeiten wird mächtig auf die Schippe genommen, der berühmte Streetart-Künstler Banksy erfreut die Gemüter der Kunstkenner, die sich in arroganter und elitärer Form über die angebliche Naivität einer Dorfbewohnerin äußern. Solche Stellen machen „Die weiße Iris“ zu einem sehr interessanten Buch, denn die satirische Auseinandersetzung mit dem Kunstmarkt und der sogenannten Elite sorgt für amüsante Momente und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Speziell die Kritik am staatlich subventionierten Theatermarkt fand ich persönlich besonders treffend, war meine letzte Station, bevor ich der Theaterbranche enttäuscht den Rücken zukehrte, ein Staatstheater, in dem Kultur- und Finanzpolitik wichtiger war als dem Publikum etwas auf der Bühne zu erzählen.

Auch die Klimaaktivisten kleben hier auf der Straße, was den Rollerfahrern aber egal ist, können sie doch einfach um die dicken Karren herumfahren.

Muss man sich den neuesten Band von Asterix und Obelix zulegen? Wer die Bände eh liest, wird hiermit wohl recht zufrieden sein, denn ich finde die Art und Weise, wie die aktuellen Themen und der heutige Zeitgeist eingebunden werden sehr gelungen. Allerdings muss ich dazusagen, dass ich die Bücher eigentlich gar nicht lese, aber ein Freund hat es mir ausgeliehen und ich fand natürlich den Titel witzig. Die weiße Iris ist die Methode, mit der ein Berater – heute Coach genannt – den Kampfgeist der widerspenstigen Gallier aufweichen und den römischen Soldaten ihre Angst vor eben jenen Widerständlern nehmen will. Alle sollen selig sein, all sollen sich lieb haben, niemand soll mehr eigenständig denken – nur so kann der Berater seine Absichten durchsetzen, die nicht sonderlich fein sind. Aber wir reden hier nicht von real existierenden Dingen, sondern von einem Comic, und natürlich endet der neuste Asterix und Obelix Band mit einem Happy End. Alle sind so wie früher: „eigensinnig, fehlbar, reizbar, knurrig, unvollkommen, manchmal dünnhäutig … einfach menschlich.“