Autorin, Dramaturgin, Schreibcoach

Schlagwort: Buchtipp

Asterix und die weiße Iris: Ein humorvolles Plädoyer gegen den Optimierungswahn

Mindestens ein Mal am Tag passiert es bei meinen Streifzügen durch das Internet: Irgendein Coach guckt offensiv in die Kamera und beginnt seine oder ihre Rede mit Worten wie „Willst auch du“, „hast auch du“, „fühlst auch du“ oder einer ähnlich gelagerten suggestiven Anrede. Und jedes Mal denke ich, dieser Mensch soll mir gefälligst vom Acker gehen mit was auch immer er in meinem Leben oder an mir optimieren möchte. Die sozialen Medien sind inzwischen ein Ort, an dem mir permanent gesagt wird, was in meinem Leben nicht optimal läuft. Meine Güte, wie unglaublich unperfekt bin ich doch! Weiterlesen

Obacht: Cainophobie-Alarm!

Kennt ihr Schotts Sammelsurium? Ich zitiere: „Es ist unmöglich, Schotts Sammelsurium in einem Rutsch durchzulesen, aber gleichzeitig kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es umfasst eine einmalige Sammlung an trivialen und seriösen Wissen.“
Beispiel gefällig? Auf den ersten beiden Seiten finden wir Listen über Golfschläge, die Hutsteuer, Schnürsenkellängen, Pferdestärke, Dinge, die man nicht machen kann, obwohl dies sprichwörtlich so gesagt wird (zum Beispiel gleichzeitig auf zwei Hochzeiten tanzen) und Informationen über die Flagge von Guadeloupe.
Ich habe einige von diesen Büchern, aber ich glaube, Schotts Sammelsurium ist das bekannteste. Herrliches Wissen, unglaublich unterhaltsam und kurzweilig. Man sollte beim Lesen des Buches aber nicht unter Cainophobie leiden. Das ist die Angst vor Neuem. Steht auf Seite 57.

Harper Lee „Wer die Nachtigall stört“

Ein Meisterwerk der Sprachkraft und Aktualität, dennoch im Schatten des Zeitgeistes

Harper Lees „Wer die Nachtigall stört“ gilt zweifellos als literarisches Meisterwerk mit einer beeindruckenden Sprachkraft, die mich berührt hat. Leider hat dieser Roman eine zeitlose Relevanz, denn Diskriminierung, egal von welcher Seite sie kommt und an wen sie gerichtet ist, hat nie aufgehört. Harper Lee entführt die Leser*innen in die Tiefen des amerikanischen Südens der 1930er Jahre und beschreibt Themen wie Rassismus, Moral und soziale Gerechtigkeit in einer meisterhaften Art, nämlich durch die Augen von Kindern, allen voran dem Mädchen Scout. Interessant hierbei ist, dass die Geschichte von der erwachsenen Scout in Worte gefasst wird, sie sie aber durch ihre damaligen Kinderaugen erzählt. Weiterlesen

Was wichtig ist

Vertrauen und Freundschaft in unruhigen Zeiten

Die Meinungen über Social Media und deren Nutzen sind vielfältig und zumindest in meiner eigenen Gedankenwelt heterogen. Ich halte mich aus vielem raus, sobald ein Thema von Trollen oder zumindest stimmungsmachenden Mitmenschen als Plattform für negative Meinungen oder unreflektierten Äußerungen genutzt wird. Nichtsdestotrotz sind Facebook und Instagram ganz wunderbare Fundgruben, wenn es um das Thema Literatur geht. Auf diese Weise habe ich „Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd“ sowie „Großer Panda und kleiner Drache“ entdeckt. Zwei Bücher, die auf eine berührend stille Art und Weise eine Geschichte von Freundschaft und Nähe erzählen und damit ein Kleinod in einer lauten Welt sind, in der wir von Medien, Newstickern, Nachrichten über Kriege und Katastrophen umringt sind. In beiden Büchern geht es um eine Reise, die von den jeweiligen Figuren unternommen wird, der Weg ist das Ziel, alles wird gemeinsam durchgestanden in tiefer Verbundenheit und Vertrauen zueinander. Weiterlesen

Han Kang Buch „Weiß“

Selbstbeobachtung in Zeiten der Trauer

Aus: Han Kang „Weiß“: »Ich glaube, dass dies die besten Worte für einen Abschied sind. Bitte stirb nicht. Lebe.«

In der Buchhandlung bin ich über das Buch „Weiß“ der Koreanerin Han Kang gestolpert und habe es aus dem Regal gezogen. Ich denke, es war speziell die minimalistische Aufmachung des Designs, die mich neugierig werden ließ. Die Erzählerin in diesem Buch befindet sich in einer europäischen Stadt, die unter einer weißen Schneedecke liegt.  Durch die Wahrnehmung des Schnees werden in der Erzählerin  Erinnerungen wach und sie beschließt, diese nicht zur Seite zu schieben, sondern sich ihnen hinzugeben, denn es sind nicht irgendwelche Erinnerungen, sondern die an einen Menschen, den sie nie kennengelernt hat: ihre Schwester, die wenige Atemzüge nach der Geburt in den Armen der Mutter starb.

Han Kang beschreibt in den einzelnen, teilweise sehr kurzen Kapiteln Bilder, in denen die Farbe weiß immer allgegenwärtig ist. Weiß deshalb, weil sie die Farbe der Trauer in Korea ist. Han Kangs Beobachtungen und Gedanken sind so voller Poesie, dass ich einige Texte mehrfach hintereinander gelesen habe, weil ich sie so berührend, so lyrisch und so wundervoll fand.

„Weiß“ ist ein Buch über die Trauer und deren Verarbeitung. Ein trauriges Buch? Nein. Ein poetisches, selbst beobachtendes. Ein interessantes, beinahe lyrisches. Ein lesenswertes.

Verlag: Aufbau
Veröffentlichung: 18.08.2020
ISBN: 978-3-351-03722-2
Format: Hardcover mit Schutzumschlag und Abbildungen
Anzahl Seiten: 151

Falls ihr euch noch weiter über diese kleine Buchperle informieren wollt, empfehle ich euch Deutschlandfunkkultur mit einem schönen Beitrag zu diesem Buch:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/han-kang-weiss-emotionale-selbstbefragung-mit-hang-zum.950.de.html?dram:article_id=482642