Autorin, Dramaturgin, Schreibcoach

Die literarische Stimme oder: Vorübergehend gescheitert

Wie beschreibe ich meinen gegenwärtigen Zustand als Schriftstellerin? Ein Jahr lang arbeitete ich an einem Roman, der mir mehr Kopfzerbrechen bereitete als meine bisherigen Bücher oder mit Preisen ausgezeichneten Kurzgeschichten zusammen. Diesmal wollte ich keine Geschichte für die literarische Nische schreiben, sondern ein Buch für ein breiteres Publikum. Die Handlung spielte an einem Sehnsuchtsort, der Konflikt war universell, die Auflösung versöhnlich. Zwischendurch gab es harte Momente – ich bin schließlich keine Rosamunde Pilcher. Am Ende entstanden 220 Normseiten, die ich nun in die Schublade gelegt habe. Warum?

Ich versuchte, meine literarische Stimme zu verändern, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Meine Sprache sollte flüssiger, detaillierter und beschreibender werden. Zudem sollte der Roman die für Verlage oft geforderte Mindestlänge erreichen. Doch es funktionierte nicht. Obwohl die Geschichte an sich gut ist, stimmt der Ton des Romans nicht. Die Stimme ist nicht meine eigene, sondern eine, die ich mir selbst aufgesetzt habe, um eine andere Autorin zu sein.

Man könnte sagen, das war ein Fehler. Aber ich habe es gebraucht, um zu erkennen, wer ich nicht bin. Ja, es kostete mich ein Jahr, in dem ich viele andere Geschichten hätte schreiben können. Aber dieser scheinbar erfolglose Exkurs brachte mich wieder näher zu mir selbst und dem Menschen der ich als Schriftstellerin bin.

Seit zwei Wochen arbeite ich an einer Novelle. Das kompakte Format liegt mir als Kurzgeschichtenschreiberin viel mehr als der lange Atem eines Romans. Die Geschichte ist reduziert, die Sprache arbeitet mit Auslassungen statt mit detaillierten Beschreibungen. Sicher, diesen literarischen Stil muss man mögen, als schreibender Mensch wie aus als lesender. Ob ich dafür einen Verlag finde oder ob es überhaupt jemand lesen wird, weiß ich nicht. Aber eines weiß ich: Es ist eine Geschichte, die ich mit meiner Stimme erzähle, die ich nicht verbiege, um anderen zu gefallen.

2 Kommentare

  1. Jörg

    Ernüchternde Erkenntnisse, zeitfressende Fehlversuche, „falsche“ Wege und Möglichkeiten gehören zu den Werdespuren im Werk eines / einer Schriftstellers / einer Schriftstellerin.
    DEINE Stimme hat mich bisher stets beeindruckt, sie macht DICH einzigartig.
    Ich freue mich auf die Novelle von Dir und was folgen mag.
    Herzliche Grüße zum Ausklang des Jahres,
    Jörg.

    • admin

      Lieber Jörg,
      vielen Dank für Deine Worte, die mir sehr gut tun. Ja, ich hoffe, dass noch mehr Veröffentlichungen von mir folgen werden, aber du weißt ja, wie es ist: unendlich schwer, einen Verlag zu finden. Ich hoffe weiter – und schreibe natürlich 🙂 Alles Gute dir!
      Liebe Grüße
      Iris

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