Mit dieser Frage wandte sich kürzlich eine Teilnehmerin des Kurses Kreatives Schreiben am ILS an mich. Sie war auf der Suche nach ihrem eigenen Schreibstil, tat sich damit aber noch schwer.

Sie wollte auch wissen, ob ich einen eigenen Schreibstil habe und falls ja, ab wann ich wusste, dass ich ihn gefunden hatte.

Nicht wenige Schriftsteller*innen schreiben in mehreren Genres und haben sich dafür einen eigenen Schreibstil erarbeitet, der die Lesevorlieben der Leserschaft bedient.  Ich bin da anders. Ich schreibe

fast immer in meinem Schreibstil, der laut den Rezensionen auch einen Wiedererkennungswert hat. Es heißt, er sei leise, melancholisch und es komme einem vor, als sähe man sich einen Film an. Sicherlich rührt das daher, dass ich in jungen Jahren eine Cineastin war (dem ist heute nicht mehr so) und sich mein Schreibstil daher sehr an filmischen Mitteln orientierte. So schrieb ich relativ früh schon in diesem recht visuell geprägten Stil, aber trotzdem hat er sich immer ein wenig weiterentwickelt. So richtig zu „meinem“ Stil wurde es erst mit meinem zuletzt fertig gestellten Roman, der nächstes Jahr erscheinen wird. Nach vielleicht 20 oder 40 Seiten war da das Gefühl, genau den Ton getroffen zu haben, den ich wollte. Es hat sich einfach richtig angefühlt. Alles, wirklich alles hat sich an diesem Roman richtig angefühlt, bei meinen Veröffentlichungen davor hatte ich doch immer noch Zweifel, ob sie gut genug sind, denn sie waren nie ganz so geworden, wie ich es mir vorgestellt oder erträumt hatte.

Wie also weiß man, wann man den eigenen Schreibstil gefunden hat? Man fühlt es!

Dieses Jahr wollte ich mich an etwas leichterer Literatur versuchen, an einer eher witzigen, romantischen Geschichte. Es hat überhaupt nicht funktioniert. Die Worte wollten einfach nicht aus mir heraus. Alles, was ich auf das Papier brachte, versetzte mich – nachdem ich es mit einigem Abstand las – schon beinahe in einen Schockzustand, weil das Geschriebene so grauenhaft schlecht war. Ich hatte versucht, einen Schreibstil zu finden, der zum Genre passt. Es ging gründlich schief. Man muss also nicht nur den eigenen Schreibstil finden, sondern auch das Genre, das man mit dem Schreibstil bedienen will. Beides geht in meinen Augen Hand in Hand.

Manchmal bewundere ich Schriftsteller*innen, die mühelos in ganz unterschiedlichen Genres zuhause sind. Ich selbst habe meinen Schreibstil nur ein einziges Mal verändert, um einen winzigen Ausflug in das Genre der Kinderbücher zu machen. Für meine Ausflüge in die Science-Fiction war eine Stilveränderung nicht notwendig, da beides gut zusammenpasst.

Wie aber findet man nun den eigenen Schreibstil? Ganz einfach und leider so mühsam: Schreiben, Schreiben, Schreiben. Die zweite wichtige Sache: ein oder mehrere Erstleser. Schriftsteller*innen brauchen Feedback. Und ein dickes Fell, denn Kritik kann weh tun. Sehr sogar. Ich arbeite gerade an einer Kurzgeschichte für einen Wettbewerb und gab die erste Fassung meinem Erstleser. Er hat relativ viel Kritik geübt. Er hatte recht, aber trotzdem ist es immer ein schmerzhaftes Gefühl, wenn so etwas passiert. Aber das gehört eben dazu. Während Sie also auf der Suche nach Ihrem Schreibstil sind, nutzen Sie auch die Zeit, sich ein dickes Fell anzulegen. Sie werden es brauchen, auch Jahre, nachdem Sie Ihren Schreibstil gefunden haben.